Route 66 – Amerikas legendärer Highway

Keine Angst vor Barstow
An Barstow an der kalifornischen Route 66 scheiden sich ja die Geister. Die einen sagen, die Stadt sei „gefährlich“ aufgrund einer hohen Kriminalitätsrate. Die anderen sehen das völlig anders und sehen in Barstow ein ganz normales Städtchen nahe der Mojave Wüste. Wir haben dort keinerlei schlechte Erfahrungen gemacht. Man muss ja nicht unbedingt des Nachts durch die Straßen spazieren.
Barstows Geschichte ist untrennbar mit der Eisenbahn verbunden. Wir schreiben das Jahr 1888 als dort die Santa Fe Railroad ankommt. Das Gebiet um die Calico Mountains ist längst zu einem Zentrum des Silberbergbaus geworden. Die Eisenbahn kommt also gerade recht. So ist es auch kein Wunder, dass der Präsident der Santa Fe Railroad auch zum Namenspatron der Stadt wird. William Barstow Strong hieß der Mann. Im Wettbewerb mit Daggett und Calico kann sich Barstow durchsetzen. Die Stadt wächst und gedeiht. Und sie bekommt natürlich ein Harvey House, das zwischendurch zwar mal abbrennt, aber 1911 wieder in alter Pracht an der Bahnlinie erstrahlt. Die berühmten Harvey Girls servieren den Fahrgästen ausgesucht gute Gourmet Küche, ein Tanzsaal fördert die Unterhaltung und nächtigen kann man im damals verfügbaren Luxus. Mit Ankunft der Route 66 geht‘s mit dem Harvey House allerdings eher bergab. Inzwischen gibt es Speisewagen in den Zügen, also kein Grund mehr, Verpflegungspausen einzulegen. Die Route 66 führt mitten durch‘s Zentrum von Barstow, ein paar Blocks an den Schienen vorbei. Das Harvey House stellt den Betrieb ein, gerade mal ein Ticket Office und eine kleine Cafeteria verbleiben dort. In den späten 1980er Jahren soll es sogar abgerissen werden, aber das verhindern die Einwohner der Stadt. Das Casa del Desierto, wie das Gebäude offiziell heißt, wird zum Museum umgebaut. Sowohl das Western America Railroad Museum als auch das Mother Road Route 66 Museum finden Platz in dem immer noch beeindruckenden Gebäude. Man erreicht Casa del Desierto indem man von der Main Street nach rechts auf die N1st Avenue abbiegt. Über eine alte Eisenbrücke, die eine Unmenge an Schienensträngen überspannt, erreicht man nach einer Rechtskurve den Parkplatz vor den Museen. Hier gibt es auch allerlei historisches Schienenfahrzeug zu bewundern. Für Eisenbahnfans genauso ein „must see“, wie für Route 66 Reisende, die im Museum freundlich empfangen werden. Seht euch um dort, es lohnt sich. Die ehrenamtlichen Betreiber des Museums stehen auch gerne für ein paar fotografische Erinnerungen bereit.
Auch das heutige Bahnhofsgebäude ist einen kurzen Stopp wert. Man findet den ein oder anderen Gift-Shop, Starbucks und Fastfoods, darunter einen recht ungewöhnlichen McDonalds, der in drei in rot-gelben Farben gehaltenen Eisenbahnwagen untergebracht ist. Wer also seinen Big Mac in solcher Umgebung verspeisen möchte, sollte mal reinschauen.
Wer die Barstower Main Street entlang fährt, die ja auch die Route 66 ist, wird so manches Motelschild ausmachen. Es gibt hier einige 66 Motels, die nicht den großen Ketten angehören. Das Stardust Inn zum Beispiel, oder das Torches. Man kann sich übrigens auch für die US Armed Forces rekrutieren lassen. Es gibt ein großes Büro von Uncle Sam direkt an der Hauptstraße.
Interessant sind die vielen Murals in der Stadt. Im Jahr 1997 starten die Stadtväter das Main Street Mural Project und seitdem sind eine Menge sehr schöner und sehenswerter Wandmalereien in Barstow entstanden. „We wanted to create a walking gallery of historic murals along Route 66‘s last existing Main Street“. Das Desert Discovery Center bietet geführte Touren über die Main Street an, um den Besuchern die immerhin 120-jährige Geschichte Barstows, die in den Murals behandelt wird, näher zu bringen.
Wer in Barstow übernachten möchte, sollte ruhig das wohl urigste und natürlich „world most famous“ dieser alten Motels wählen. Schon der Platz vor den Zimmern des Route 66 Motels ist ein Eyecatcher. Diverse mehr oder weniger rostige Oldtimer stehen dort vor den Türen bzw. in den Garagen. Die Rezeption ist auch so ein Knaller. In dem winzigen Räumchen drängen sich 66 Memorabilia aller Art. Was man sich nur vorstellen kann. Hinter dem kleinen Tresen sitzt die indische Besitzerin Mridu Shandil und zeigt jedem Gast der interessiert ist, ein schon fast historisches Gästebuch mit alten Fotos und Einträgen der vielen Besucher aus aller Welt, die hier irgendwann einmal genächtigt haben. Das Motel ist nicht wirklich der pure Luxus, man muss da einige Abstriche machen. Und so ganz genau hinsehen sollte man auch nicht. Aber irgendwie hat es Charme. Sehenswert ist das lange Mural an der Mauer, die die Straße vor dem Hotel säumt. Alle acht Route 66 Bundesstaaten sind hier aufgepinselt.
Kurz vorher auf der linken Seite fällt ein weiterer Motelbau ins Auge – das El Rancho. In seinen frühen Jahren wird das Motel oft von Hollywood Größen wie Marilyn Monroe und Co. frequentiert. Heute ist es eher ein Heim für Drogensüchtige und Prostituierte. Es wird sogar als „dangerous place“ bezeichnet. Ein paar schnelle Fotos müssen also genügen. Wir raten von längerem Aufenthalt auf dem Gelände eher ab.
Einen kleinen Abstecher wert ist das Skyline Drive-In Kino am Old Highway 58. Momentan ist es geschlossen, ob es jemals wieder eröffnet wird, steht wohl noch in den Sternen. Trotzdem vermitteln die riesige „Leinwand“ und das dazugehörige Gelände einen guten Eindruck, wie es einmal war zu den besten Zeiten der in Amerika so beliebten Autokinos. Es haben an der Route 66 nur wenige davon bis heute überlebt.
Barstow hat also insgesamt mehr zu bieten, als man auf den ersten Blick erwarten würde. Und wer noch ein paar Dollars beim Shopping ausgeben möchte, kann das in den „Outlets of Barstow“ ein paar Meilen die Straße runter tun. Alle Marken sind vertreten. Dort gibt es auch Hotel-Alternativen in Form der bekannten Ketten.